Baltic Sea Circle Challenge: Epischer 7500 km Roadtrip ohne GPS – Teil 1/2

26 März 2023Maybritt Bos

Die Baltic Sea Circle Challenge: die nördlichste Rallye der Welt, bei der man in 16 Tagen nicht weniger als 7500 km mit einem mindestens 25 Jahre alten Auto und ohne Navi zurücklegt! Ich (Anna) und mein Freund Stefan waren sofort begeistert: Wir sind dabei! Ich möchte Sie gern auf unser aufregendes Abenteuer mit unserem grünen T3 namens „Bert“ mitnehmen. Die Baltic Sea Circle Challenge beginnt in Deutschland und führt die Teilnehmer anschließend durch Dänemark und Schweden. Dann erreicht man das bezaubernde Norwegen, wo man die wunderschönen Lofoten und das beeindruckende Nordkap erkundet. Daraufhin geht es zurück in den Süden, quer durch Finnland und die faszinierenden baltischen Staaten und schließlich endet die Tour in Polen. Am Ende erreicht man (hoffentlich) das Ziel in Hamburg. Auch wenn es eine ziemlich lange Reise ist, konnten wir es kaum erwarten, loszulegen!

Aber bevor ich von unserem Abenteuer berichte, gibt es noch eine andere Geschichte, die erzählt werden sollte. Als Teilnehmer muss man 750 € für einen guten Zweck sammeln, eine wunderbare Initiative, bei der man sich selbst und anderen etwas Gutes tut. Rückblende ins Jahr 2020 in Mexiko. Wir hatten einen Volkswagen T3 gekauft, um sechs Monate lang herumzureisen. Nach einigen Renovierungsarbeiten und einem Namen (Bert) waren wir startklar. Aber das Jahr 2020 hatte bereits andere Pläne: COVID-19 kreuzte unsere Reise. Glücklicherweise fanden wir Misión Surf Mexico, eine Unterkunft für Waisen und Opfer häuslicher Gewalt, gegründet von dem australischen Ehepaar Alan und Pam. Sie widmen ihr Leben dem Durchbrechen des Teufelskreises von Armut, Ungleichheit und Missbrauch und der Schaffung von Chancengleichheit für jedes Kind. Wir haben selbst gesehen, was für eine großartige Arbeit sie leisten. Als wir also eine Wohltätigkeitsorganisation für unsere Nordkap-Challenge auswählen mussten, haben wir keine Sekunde gezögert: Natürlich entschieden wir uns für Misión Surf Mexico.

Misión Surf Mexico

Misión Surf Mexico

Misión Surf Mexico

Misión Surf Mexico

Von der Werkstatt bis zu grenzenlosen Abenteuern

Um einen T3 Synchro von 1986 nach über 8 Jahren Stillstand für eine Reise von 7500 Kilometern fit zu machen, muss einiges passieren. Zum Glück ist einer von uns (wer, das bleibt geheim), handwerklich sehr begabt und hat extrem viel Arbeit geleistet. Wir haben bis zum Abreisetag am T3 getüftelt. Am selben Morgen stand er noch auf der Arbeitsbühne und um 12 Uhr konnten wir dann endlich unsere Reise antreten. Mit unserer Favoriten-Spotify-Liste in voller Lautstärke vergingen die ersten 500 Kilometer wie im Flug und bei der Ankunft in Hamburg kamen die Getränke kalt aus dem Kühlschrank. Unser Roadtrip hatte perfekt begonnen!

Bei unserer Ankunft am Ausgangspunkt der Baltic Sea Circle Challenge haben wir uns gleich die Fahrzeuge der anderen Teilnehmer angeschaut. Es war schon toll zu sehen, was für andere Autos, Vans und Wohnmobile dort waren. Von kleinen Enten bis zu großen Landrovern fuhr alles vorbei, sogar ein Unimog fuhr mit! Wir haben dann auch das Roadbook erhalten. Darin war die Route grob ausgelegt, inklusive nützlicher Tipps für unterwegs. Es gibt für jeden Tag eine Aufgabe, man hat also eine zusätzliche Herausforderung, um sich während dieser langen Fahrten wach zu halten! Am Abend kletterten wir rechtzeitig in unser Dachzelt, denn wir hatten einen aufregenden Tag vor uns. Würde alles gut gehen? Man stelle sich vor, wir würden eine Panne haben oder an der Polargrenze eisigen Temperaturen ausgesetzt sein! Wir würden es früh genug erfahren …

Morgengymnastik und ein unvergesslicher Start

Nach einer erholsamen Nacht war es endlich soweit! Die ersten Eier glitten in die Pfanne und die erste Tasse Kaffee köchelte (immer wieder ein Genuss). Da der T3 Synchro ziemlich hoch auf den Rädern steht, konnten wir das Dachzelt nur vom Dachträger aus abbauen. Ziemlich viel Arbeit, aber naja, wir sahen das als Morgengymnastik an!

Nachdem das Dachzelt wieder ordentlich eingezogen, das Frühstücksgeschirr aufgeräumt und (hoffentlich) alles für die Fahrt gesichert war, fuhren wir zur Startlinie, wo wir mit deutscher Präzision in Reihen aufgereiht wurden. Bereits am Vortag waren offenbar 150 Fahrzeuge abgefahren. Insgesamt nahmen 270 Wagen teil! Die Atmosphäre war sehr fröhlich und alle gingen herum, um miteinander zu plaudern. Nach einem Begrüßungsgespräch ertönte der Startschuss und wir überquerten alle die Startlinie.

Schon in der ersten Kurve stellten wir fest, dass wir etwas ganz Wesentliches vergessen hatten: die Streckenpläne! Abgesehen davon, dass die Autobahnen gemieden werden müssen, ist es auch nicht erlaubt, ein Navigationssystem zu benutzen. Eine Straßenkarte hatten wir uns natürlich auch noch nicht gekauft, daher kam die Wahl „links oder rechts“ etwas zu schnell, als wir an der Kurve ankamen. Wir sahen einige Autos nach links und andere nach rechts fahren, also bogen wir auch nach rechts ab. Um diesen kleinen Rückschlag zu überwinden, haben wir schnell die Karten-App auf unserem Telefon aktiviert und einige Autobahnkreuze aufgeschrieben. Laut unserem Buch durften wir am ersten Tag einige Autobahnen nehmen, um früher nach Schweden zu kommen. Wir nahmen die Fähre nach Dänemark und setzten über die berühmte Öresundbrücke nach Schweden über. Der erste Teil der Strecke war nichts Besonderes, aber nach der Brücke verließen wir die Hauptstraße und die weite schwedische Landschaft, mit einer untergehenden Sonne, enttäuschte uns sicherlich nicht.

Wikinger-Rituale und bezaubernde Ausblicke

Bei unserem ersten Auftrag mussten wir unterwegs fünf heilige Wikinger-Elemente sammeln:

1.      Sand von der dänischen Küste

2.      Ein grüner Zweig von einem schwedischen Baum

3.      Wasser aus der Ostsee

4.      Ein Stück skandinavisches Eisen

5.      Wind vom Ozean

Also haben wir an vielen Orten angehalten, um diese besonderen Dinge zu sammeln: Auf diese Weise kann man auch viel herumkommen. Der Zweck des Sammelns dieser Elemente bestand darin, eine traditionelle Wikingerzeremonie mit ihnen abzuhalten. Diese Zeremonie würde viel Glück und eine gute Reise bringen, das konnten wir gebrauchen! Wir haben dies an einem der größten Wikingerdenkmäler Schwedens gemacht: Ale's Stones. Dieser Ort wird auch das Stonehenge von Schweden genannt. Dieser Felsvorsprung befindet sich auf einer Klippe mit fantastischer Aussicht und ist Gegenstand vieler Mythen, Legenden und ungelöster Rätsel. Es gibt keinen besseren Ort, um ein traditionelles Ritual durchzuführen!

Bisher war das Wetter nicht so toll, aber als wir in Stonehenge ankamen, öffnete sich die Wolkendecke und wir konnten den Sonnenuntergang über dem Meer genießen. Leider konnten wir hier nicht schlafen und als es Nacht wurde, mussten wir uns einen Schlafplatz suchen. Der Vorteil von Schweden ist, dass man Wildcampen kann, echt klasse! Sich einen schönen Platz zum Übernachten zu suchen, ist wirklich das ultimative Gefühl von Freiheit. Leider war es nicht einfach, einen Platz am Meer zu finden und nachdem unsere knurrenden Mägen die Oberhand gewonnen hatten, mussten wir uns schließlich mit einem Platz im Wald begnügen. An sich auch in Ordnung, aber ein Manko: Mücken! Dadurch wurden wir wieder einmal mit Tatsachen konfrontiert: Wir hatten lange Hosen für Stefan vergessen. Vielleicht nicht sehr klug bei einer Reise zum Nordkap …

Tipp: Wer einen Platz zum Wildcampen sucht, kann dies z. B. tun, indem er Sackgassen über Google Maps folgt!

Besonderer Friedhof

Als wir am nächsten Morgen aufwachten, hatten wir immer noch fest im Visier, an der Küste aufzuwachen. Also machten wir uns für unseren ersten Kaffee schnell auf die Suche nach einem Plätzchen am Meer. Es war ein wunderschöner Tag und zum Glück fanden wir schnell einen Ort, wo wir lecker frühstücken konnten.

Auf unserer Tour durch Schweden führte uns unsere Route immer weiter nach Norden, wo sich die weite Landschaft voller hübscher Dörfer langsam in Kiefernwälder und Bergseen verwandelte. Die Straßen wurden ruhiger und das Radio hatte zunehmend Empfangsstörungen. Unterwegs besuchten wir einen besonderen Friedhof in der Stadt Ryd: einen Schrottplatz im Wald. Die Aufgabe des Tages war es, Abbas alten Tourbus zu finden, der hier angeblich „begraben“ sein soll. Ein ungewöhnlicher Ort, um sich kurz die Beine zu vertreten!

Wir ließen den Tag mitten in Schweden im Seengebiet bei Örebro ausklingen. Kurz bevor wir unser Ziel erreichten, bogen wir zum ersten Mal falsch ab. Das war ziemlich viel Offroad-Fahren! Was bei einem Bus, der so hoch auf den Rädern steht, eigentlich sehr cool war. Trotz der zusätzlichen Kilometer bereuen wir diesen wunderschönen Abstecher nicht im Geringsten. Die untergehende Sonne über den bunten Lupinen … eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch! Glücklicherweise kamen wir endlich an unserem Ziel an: ein Naturschutzgebiet am See. Wir klappten unsere Stühle aus und genossen ein leckeres Essen. Genau so haben wir uns unser Camping in Schweden vorgestellt!

Das Einkaufsparadies

Wir haben bewusst etwas näher an der „großen“ Stadt Örebro übernachtet, weil wir am nächsten Tag an einem Autoteilehändler vorbeifahren wollten. Wir hatten unterwegs einige Probleme mit unserem großen Freund Bert, der manchmal Probleme beim Beschleunigen zu haben schien. Nach einigem Herumtüfteln und einem Blick unter die Motorluke stellten wir fest, dass das Zündkabel an der Verteilerkappe lose war. Dies führte dazu, dass der Zündzeitpunkt sich verstellt hatte. Wir haben dann versucht, den Motor nach Gehör einzustellen, was aber alles andere als perfekt war.

Leider hatte der erste Laden keine Stroboskoplampen, aber man verwies uns auf Biltema, ein Paradies für Schwedenfans und Campingfreunde. Dieser Laden hatte wirklich alles: Campingausrüstung, Boots- und Gartenwerkzeuge und natürlich auch Autoteile. Wir verloren uns eine Stunde lang in diesem verrückten Laden, aber schließlich hatten wir unsere Mission erfolgreich erfüllt und gingen mit unserer Stroboskoplampe und einigen zusätzlichen Ausrüstungsgegenständen, wie einem Kanister und einer Pumpe für den Wohnmobilwasserhahn. Der Einkauf hatte sich gelohnt, denn nun hatten wir plötzlich fließendes Wasser und einen Abfluss, welch ein Luxus!

Obwohl viele Kilometer auf dem Programm standen, machte uns das absolut nichts aus. Wir genossen Boxenstopps für schwedische Kanelbullar mit Kaffee, aßen an einem ruhigen See zu Mittag und bewunderten Rentiere und atemberaubende Landschaften. Während der Rallyefahrt sind wir ständig anderen Rallyefahrern begegnet. Es war so schön zu sehen, wie sich alle zuwinkten und an Tankstellen nette Gespräche führten. Obwohl wir nicht wirklich zusammen gefahren sind, kreuzten sich unsere Wege regelmäßig und das stellte sich als überraschend lustig heraus.

Der Wettlauf gegen die Zeit

An diesem Abend besprachen wir beim Abendessen unsere Route. In zwei Tagen mussten wir auf den Lofoten sein für eine Party, die für alle Teilnehmer organisiert wurde. Wir hatten bereits gelesen, dass man mit der Fähre dorthin gelangen oder selbst fahren kann. Wir entschieden uns zu fahren, um mehr von der Gegend zu sehen. Als wir uns jedoch beim Essen die Karte genau ansahen, wurde uns klar, warum sich so viele Menschen für die Fähre entschieden hatten. Wir mussten uns fast an die Spitze der Lofoten begeben. Man konnte mit einer (ziemlich beliebten) Fähre dorthin gelangen. Man kann zwar auch mit dem Auto fahren, aber dann man muss erst den ganzen Weg nach Norden, dann über die Inseln den ganzen Weg nach Süden und anschließend wieder zurück zum Nordkap fahren.

Das hatten wir in der Tat nicht berücksichtigt. Wir haben uns schnell die Fährbuchungsseite geschnappt, aber alle passenden Überfahrten waren bereits ausgebucht. Es war noch ein Teil übrig für Leute, die vorfuhren, aber das war ein Glücksspiel. Die sichere Option war, die einzige verfügbare Überfahrt zu buchen, die sieben statt drei Stunden dauern würde. Das bedeutete, dass wir am nächsten Tag um 17 Uhr das immer noch 800 Kilometer entfernte Bodø verlassen würden. Es würde eng werden. Wir haben die Entscheidung getroffen, die Tickets gebucht, das schmutzige Geschirr in die Spüle geworfen und uns wieder hinter das Steuer gesetzt.

Hinter den Wolken scheint die (Mitternachts-)Sonne

Der größte Nachteil der Baltic Sea Circle Challenge sind zweifellos die enormen Distanzen, die in kurzer Zeit zurückgelegt werden müssen. Uns wurde klar, dass wir besser im Voraus planen sollten und nicht nur für den nächsten Tag. Trotzdem genossen wir die schöne Abendfahrt dank der langen Tage im Norden Skandinaviens. Als wir um 23 Uhr an einem See anhielten, erinnerten wir uns, warum wir diesen Ausflug gemacht hatten: Die Natur ist wirklich atemberaubend.

Am nächsten Morgen war es deutlich kühler und nach einer Tasse Kaffee brachen wir zur norwegischen Grenze auf. Unterwegs gaben wir unsere letzten schwedischen Kronen für Kanelbullar, warme Socken und eine Mütze aus. In Norwegen angekommen änderte sich die Landschaft und es wurde rauer und belebter auf der Straße. Nach einem Stopp am Polarkreis fuhren wir weiter nach Bodø, wo unsere Fähre zu den Lofoten ablegen würde. Obwohl wir rechtzeitig ankamen und uns bald in Gesellschaft anderer Rallye-Fahrer befanden, hatten wir nicht das Glück, auf die schnellere Fähre zu kommen. Trotzdem blieben wir positiv und freuten uns auf die schöne Aussicht während der langen Fahrt. Leider schlug das Wetter um und wir wurden von Regen und Wind heimgesucht, was die Reise noch länger als geplant machte.

Um 2 Uhr nachts kamen wir in Moskenes an, es war stürmisch, aber seltsamerweise war es noch hell. Eine Sensation für sich, diese Mitternachtssonne. Wir fanden zusammen mit einem anderen niederländischen Rallyeteam einen Schlafplatz und übernachteten in dieser Nacht in unserem Van statt im Dachzelt. Trotz der anstrengenden Anreise und des enttäuschenden Wetters ließen wir uns die Laune nicht verderben, obwohl wir inbrünstig auf besseres Wetter hofftenwährend unserer Zeit auf den Lofoten. Allerdings sah es nicht sehr rosig aus ...

 

Stay tuned: das nächste Mal erzähle ich euch den zweiten Teil der Baltic Sea Circle Challenge. Mit noch spektakuläreren Abenteuern, atemberaubenden Landschaften, unerwarteten Wendungen und aufregenden Aktivitäten. Nicht verpassen!