Vor ungefähr 1,5 Jahren war es für die Zwillinge Jolisa und Saskia van Leeuwen (29), Lisa de Bree (28) und Eileen Helfferich (25) der Anfang eines großen Abenteuers. Infolge von Corona hatten sie so gut wie keine Arbeit mehr. Sie kaufen einen englischen Doppeldecker von 1976 mit dem Traum, daraus ein Wohnmobil mit Gästezimmern zu machen. Ohne jegliche technischen Kenntnisse machten sie sich an die Arbeit. Und mit Erfolg! Das Durchhaltevermögen der Damen machte sich verdient: „La Karavana“ fährt und hat bei verschiedenen Abenteuerreisen seine ersten Gäste schon mit einem warmen Bett und einer frischen Dusche versehen.
Saskia und Jolisa sind eineiige Zwillinge. Sie arbeiten im Veranstaltungssektor und Jolisa arbeitet auch als Reiseleiterin. Lisa trafen sie bei einem Pop-up-Event und Eileen war eine Kollegin bei der Organisation des Festivals Down The Rabbit Hole. Der Älteste in der Runde ist der Doppeldecker, er fuhr in den 70ern und 80ern als Linie 847 zwischen Barnsley und Doncaster in Yorkshire. Sein Höchstgewicht ist 16 000 Kilogramm, gezogen von einem Sechszylindermotor von Gardner. 2000 wechselte er von der linken Fahrspur zur rechten und wurde in die Niederlande geholt, wo er als Location für Hochzeiten benutzt wurde. Zwanzig Jahre später sind die vier Damen die stolzen Eigentümerinnen von „La Karavana“.
Jolisa: „Wenn wir es überhaupt machen konnten, dann jetzt. Normalerweise sind die Sommer voller Projekte, Veranstaltungen und Auslandsreisen. Aber alles fiel weg. Wir hatten schon so einen ähnlichen Plan, aber Corona war der ausschlaggebende Faktor.“ Von jedem Teammitglied wurde erwartet, dass es mindestens drei Tage pro Woche in den Bus investierte, bis er fertig ist, dass es finanziell dazu beitragen kann und dass es jetzt nach dem Umbau einige Reisen pro Jahr begleitet.
Während Eileen, Jolisa und Saskia infolge von Corona keine Arbeit mehr hatten, beschloss Lisa selbst, ihren Job bei einer Schule zu kündigen. Ein Sprung ins kalte Wasser, der sich bisher als sehr gut erweist. An Interesse der Medien haben sie keinen Mangel und auf Facebook und Instagram haben sie Tausende von Followern. Außerdem wurde ihnen von allen Seiten geholfen - von Freunden, Fremden und alten Bekannten. Lisa: „Sogar Leute, mit denen wir schon zehn Jahre keinen Kontakt mehr hatten, tauchten plötzlich auf.“ Jolisa: „Alle finden es ein sehr sympathisches Projekt. Manche Materalien wurden gesponsort oder wir bekamen sie mit Rabatt. Die meiste Hilfe kam von Freiwilligen, Freunden und Verwandten. Wir fanden es manchmal auch unangenehm, schon wieder Leute zu fragen, aber wir merkten, dass sie eigentlich ganz gern mithelfen. Weil sie selbst eine ganz andere Art von Job haben, fühlt sich das Basteln hier draußen wie ein ganz wertvoller Zeitvertreib an.“ Neben Sponsoring und Hilfe brauchten sie auch richtig Geld, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Über eine Crowdfundingaktion sammelten sie Geld. Die Leute konnten ein Stück Bus adoptieren und das wurde unerwartet gut angenommen. „Unbekannte spendeten, weil sie fanden, dass es so ein schöner Traum sei, oder weil sie sich selbst so etwas nie getraut haben. Schließlich brachte das 14.000 Euro ein und 3000 Euro an Materialien. Die ganze Zeit kamen wir aus dem Wundern nicht raus, bei jedem gespendeten Euro. Denn es ist unser Traum, unser Plan, unser Bus und dann ist es so toll zu sehen, dass so viele Leute helfen wollen und begeistert sind.“
Der Bus bei Dirk Molenaar auf dem Grundstück
Ein Schuppen voller Werkzeug
Und dann gibt es da noch Bauer Dirk Molenaar. Der hörte von seinem Cousin, einem Freund der Damen, über das Projekt und bot einen Platz auf seinem Land in Nieuw-Vennep an, wo der Wagen stehen konnte. Lisa: „Molenaar hat sehr viel Wissen, einen Schuppen voller Geräte und Werkzeuge, die wir verwenden durften, Platz und gute Ratschläge.“ Er hat auch immer einen passenden Spruch parat. „Wenn du mal in der Kiste liegst, bereust du mehr, was du nicht gemacht hast als was du gemacht hast.“ Vom Rasenmäher aus, als der Bus nicht starten will: „Gib ihm halt ein bisschen Zeit, er ist nicht mehr der Jüngste.“ Und bei der Arbeit: „Das ist ein Schraubenzieher, kein Faulholzentferner.“
Neugierig auf das Kunstwerk an der Außenseite? Unter dem Artikel erzählen wir mehr!
Haben Sie denn gar keine Herausforderungen erlebt? Doch! Wie so oft saß der Teufel bei diesem Projekt im Detail. „Die Versicherungsprämie zum Beispiel“, sagt Jolisa und rollt mit den Augen. „Niemand will einen versichern. Es gibt nur eine Versicherungsgesellschaft und die verlangt eine Menge Geld: 500 Euro pro Monat. Nur für die Haftpflicht. Wenn also jemandem noch was einfällt? Wir haben überall gesucht, also wir warten noch auf den goldenen Tipp. Und wir mussten von einer Partnerschaft zu einer Stiftung werden. Das verursacht wieder Kosten für den Notar, Geld, das wir lieber in den Bus gesteckt hätten.“ Und was den Umbau betrifft, wurde lange viel Arbeit verrichtet, deren Fortschritt nicht so sichtbar war. „Es wurde so viel gemacht, was man nicht sieht: das Leck, das ewig nicht gedichtet war - jeden Tag war wieder eine Pfütze im Bus - oder das Isolieren der enormen Menge an Quadratmetern und die Verkabelung.“ Aber in Bezug auf den Umbau gibt es doch recht wenig Frustration. „Für drei Unbekannte - meine Schwester kannte ich natürlich schon gut - gehen wir wirklich gut miteinander um. Es gefällt uns immer noch und wir haben eine Menge gelernt.“
Vorurteile sind den Bastlerinnen auch begegnet. „Wenn neugierige Leute vorbeikamen, während auch männliche Freunde an der Arbeit waren, dann gingen die Leute mit ihren Fragen immer zu dem Mann. Sie gehen doch davon aus, dass es sein Bus ist. Oder beim Protest gegen die Coronamaßnahmen von Unmute Us von der Veranstaltungsbranche, an dem wir teilnahmen. Da fragte die Organisation bei der Fahrerbesprechung, wo unser Fahrer sei.“ Sie haben alle vier ihren LKW-Führerschein gemacht. Und als sie den hatten, fuhren sie als Test zu viert an den Strand. „Wir brauchten niemanden und wir saßen dort mit ein bisschen Musik. Wir waren stolz und frei. Okay, zusammen können wir das!“ Ein paar Wochen später merkten sie bei der Fahrt zu einem Wohnmobilevent in Antwerpen, dass sie schon noch etwas dazulernen konnten. „Das war meine erste richtige Fahrt und plötzlich standen wir. Der Bus wollte nicht mehr. Die neue Tankanzeige gab noch ein Viertel an, aber dennoch war der Tank leer... Die Anzeige musste offenbar noch richtig eingestellt werden. Also standen wir da ohne Diesel. Dumm natürlich, aber jetzt ist es repariert und der Diesel steht jetzt auf der Checkliste. Direkt hinter uns fuhr zufällig ein Provinzmitarbeiter mit Pilonen im Kofferraum und der half sofort.
Inzwischen hat La Karavana die ersten Fahren absolviert. Coronabedingt beschlossen die Damen, vorläufig in den Niederlanden zu bleiben, und haben zwölf Reisen in zwölf Provinzen geplant. Jede Reise mit einem eigenen abenteuerlichen Touch, wie in Groningen auf den höchsten Kletterturm der Niederlande klettern, in Zeeland mit einem 120 Jahre alten Segelschiff segeln und ein Bushcraft-Workshop in Overijssel. Die Reise zu den zwölf Provinzen der Niederlande ist nun beendet. Jolisa: „Die ersten Fahrten waren wirklich super. Wir stehen an schönen Plätzen, bei netten Menschen. Unsere Gäste erfahren die Niederlande aktiv. Und sie sind begeistert. Die Atmosphäre ist wirklich so, wie wir das wollten. Zusammen kochen, zusammen den Abwasch machen und zusammen Sport machen.“
Der Start der Reisen bedeutet auch das Ende der Zeit bei Bauer Dirk in Nieuw-Vennep. Er stellte den Bastlerinnen einen Platz auf seinem Grundstück zur Verfügung, inklusive Tipps, Werkzeug und den Raum, um dieses Projekt zu starten. „Anderthalb Jahre lang, fünf bis sechs Tage pro Woche basteln. Ganz toll, dass das dort ging. Ich denke, dass er es auch schade findet. Er erzählte, dass es in all den Jahren noch niemanden gegeben hat, der auf seinem Grundstück etwas zu Ende gebracht hat. Wir werden ihn vermissen.“ Und außer Molenaar werden sie noch eine wichtige Person vermissen: Lisa hat beschlossen aufzuhören, ein schwerer Schlag. „Wir haben zu viert angefangen und wollten natürlich zu viert das Ziel erreichen. Das ganze Projekt erfordert sehr viel Zeit und es bringt finanziell vorläufig fast nichts ein. Es ist schon schwierig, die Kosten zu decken. Wir drei können unsere Arbeit gut um den Bus herum planen. Für Lisa war es schwieriger, es mit ihren anderen Arbeitsplänen zu kombinieren. Sie machte sich Sorgen und das führte zu Stress. Und nicht als Vorwurf: „Vielleicht hat sie es sich auch ein bisschen zu romantisch vorgestellt. Die Tür ist für sie immer offen und sie hat auch noch ein paar Reisen begleitet. Aber die Organisation des Busses liegt jetzt bei uns dreien. Und darauf haben wir trotz allem große Lust.“
La Karavana organisiert seit August 2021 Reisen in den Niederlanden und zieht ab Juni in die weite Welt. Die erste Reise außerhalb der Niederlande geht nach Norwegen. Der Schwerpunkt liegt immer auf Abenteuerreisen mit u.a. Kajak fahren, Stand-up-Paddling und Hiken. Es gibt neun Betten, die einzeln gebucht werden können. Außerdem wird der Bus für organisierte Reisen oder als Unterkunft in der Nebensaison an Gruppen vermietet. Im Winter steht der Bus auf Campingplatz Het Bos Roept in Slootdorp (Sitecode 56578), Nordholland. Auf diesem Naturcampingplatz ist der Bus auch als Unterkunft zu mieten.
Website: www.lakaravana.nl
Instagram: @lakaravana
Facebook: @joinlakaravana
Graffitikünstler Tymon de Laat hat das Kunstwerk auf dem Doppeldecker gemacht. „Was für ein verrücktes Projekt! Das ist ein Traum, der wahr wird.“ La Karavana wurde auf dem Street Art Festival POW WOW mit einem neuen Anstrich versehen. „Ich habe zwar schon mal Autos gemacht, aber das ist schon nextlevel.“ De Laat ist großer Liebhaber von Lateinamerika und Nordafrika und das ist in seinem Werk gut zu sehen. Er fügt Elemente hinzu, die eine Geschichte erzählen. Wie hier eine Beduinenfrau, Berge im Hintergrund und die Zackenränder einer Briefmarke. Die vier wussten nicht, wie das Resultat aussehen würde, sie durften sich nur den Künstler aussuchen.
Das Innere des Busses kann man ansehen über den Instagram-Account von La Karavana.